Die Familie Baudenbacher

Zauberkästen der Firma Baudenbacher © Manfred Klaghofer
Möchte man sich einen Überblick über das Spielwarenangebot um das Jahr 1800 verschaffen, darf man die Kataloge des Kaufmanns Georg Hieronimus Bestelmeier an erster Stelle nennen. Ab dem Jahr 1793 gab er erste, bebilderte Kataloge heraus. Der Inhalt in diesen Katalogen erinnert an die Zeit der Kunstdrechslerei des 16. und 17. Jahrhunderts in Nürnberg. Als Quelle dieses Artikels nutze ich das Buch „Erste Nürnberger Holzspielwarenfabrik C. Baudenbacher“ von Helmut Schwarz und Marion Faber aus dem Jahr 2008. In diesem Buch, mit vielen schönen Abbildungen verschiedenster Spielzeuge und Zauberkästen, geht man davon aus, dass auch Christian Gottfried Baudenbacher Bestelmeier belieferte. Auch im Internet findet man einen interessanten Artikel über dieses Buch. In diesem Artikel wird berichtet, dass Nürnberg in vergangenen Tagen ein berühmtes Zentrum der weltweiten Spielzeugindustrie war. Besonders Waren aus Blech waren sehr begehrt. Die Baudenbachers spezialisierten sich damals auf die Produktion von Holzspielzeug und eroberten sich so einen Nichenmarkt. Dieses Buch ist der Nachdruck eines im Jahr 1875 erschienenen Musterbuchs, mit dem man die Produkte potenziellen Kunden präsentieren wollte. Im Original wurden 172 Artikel gezeigt, auf 53 Einzel- und 6 Doppeltafeln, gezeichnet und mit der Hand koloriert.
Christian Gottfried Baudenbacher war der Sohn von Andreas Baudenbacher, von Beruf Goldspinnermeister. Christian wurde im Jahr 1777 geboren. Er heiratete Sabine Hertel, gemeinsam hatten sie drei Töchter und drei Söhne. Einer der Söhne war Caspar Baudenbacher (1803-1876). Zwischen Nürnberg und Fürth fuhr um 1835 die erste Eisenbahn, der Adler, und zu diesem Zeitpunkt versuchte sich Caspar Baudenbacher als Drechslermeister selbstständig zu machen. Anfänglich gab es einige Schwierigkeiten, er setzte sich aber durch und galt zur damaligen Zeit als großes Talent. Nach mehreren Anläufen erhielt er im Jahr 1839 endlich die Erlaubnis, als Drechslermeister tätig zu werden. Am 7. April 1839 heiratete er Maria Helene Ganz (1816-1884). Gemeinsam hatten sie drei Kinder. Der Sohn Carl Alexander wurde am 17. März 1840 geboren, es folgten Carolina Maria, geboren am 23. Februar 1842 und der jüngste Sohn Johann Christian (geb. 22. März 1848), der aber schon mit drei Jahren tödlich verunglückte. Im Jahr 1840 fand in Nürnberg eine Industrieausstellung statt. Dort zeigte er einfache Spielzeuge aus Holz sowie einige Haushaltswaren. Zu dieser Zeit begann man auch mit der Produktion von Zauberapparaten. Carl Alexander trat im Jahr 1870 in die Firma seines Vaters ein. Im Jahr 1876 wird er im Nürnberger Adressbuch als Spielwarenfabrikant geführt. Man hatte Erfolg und das Unternehmen wuchs stetig. Auf der Weltausstellung im Jahr 1862 in London und im Jahr 1876 in Philadelphia bekam man viele Preise. Man pflegte Handelsbeziehungen u. a. nach England, Frankreich, Spanien, Italien, Österreich, in die USA und nach Südamerika. Carl Alexander sah sich als Kaufmann und Fabrikant. Der Vater war eher der Handwerker geblieben. Carl Alexander starb früh am 16. Januar 1896 mit 55 Jahren. Er hinterließ seine Frau Dorothea und die drei Söhne Johann Adam Carl, geboren am 26. Mai 1874, Leonard, geboren am 15. Oktober 1879 und Valentin.
Die Kinder waren noch zu jung, um das Unternehmen zu übernehmen. Die Mutter führte es weiter, bis Johann Adam Carl seine Kaufmannsausbildung abgeschlossen hatte und verheiratet war. Die Hochzeit mit Anna Franziska Sachs fand am 4. Oktober 1899 statt. Am 1. Februar 1900 wurde das Unternehmen auf Johann übertragen. Unter seiner Leitung expandierte die Firma weiter. Zu dieser Zeit hatte man etwa 100 Mitarbeiter, zudem wurde das Sortiment stark ausgeweitet. Man produzierte nicht nur Brettspiele, Haushalts- und Zauberartikel, sondern auch Sport- und Geschicklichkeitsspiele. Die Familie hatte die Zeichen der Zeit erkannt, denn Sport wurde immer mehr zu einer Freizeitbeschäftigung. In dritter Generation nahm der Sohn Johann Baudenbacher die Geschicke der Firma mit in die Hand. Mangels Platzes verlegte man die Produktion im Jahr 1902 nach St. Jobst, in den Ostteil von Nürnberg, mit Anbindung an den Bahnhof. Johann schaffte es, im Jahr 1900 Friedrich Wilhelm Conradi Horster für drei Jahre ins Unternehmen zu holen. Er wurde Geschäftsführer. In dieser Zeit brachte man eine dreisprachige Preisliste heraus, mit über 500 Artikeln. Darin enthalten waren 90 Zauberkästen für Kinder und Amateure. Der Artikel Nr. 203 beinhaltete einen günstigen Zauberkasten mit sechs Zauberapparaten für 50 Pfennig. Der Artikel Nr. 20, die teuerste Variante für 134 Mark, mit 50 Zauberapparaten. Die Beschreibungen der Kunststücke in den Zauberkästen waren in Deutsch, Französisch und Englisch verfasst.
Während des 1. Weltkrieges wurde Johann im Sommer 1915 zum Militär eingezogen. Er muss Schlimmes erlebt haben, denn nach dem Krieg fand er keine Kraft mehr, das Unternehmen weiterzuführen. Er verkaufte die Firma im Jahr 1919 an den Konkurrenten Spier aus Fürth. Man vermutet, dass dies auch im Zusammenhang mit der katastrophalen Situation im Land zu tun hat. Unerschwingliche Preise bei der Beschaffung von Rohstoffen, Holzmangel und fehlende Fachkräfte waren sicherlich auch ein Grund, warum er das Unternehmen verkaufte.
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