Der indische Seiltrick

Plakat von Carl Hertz, Josef Dunninger mit Studenten beim Indischen Seiltrick, Vorführung mit Kamera-Tricks

Plakat von Carl Hertz, Josef Dunninger mit Studenten beim Indischen Seiltrick, Vorführung mit Kamera-Tricks

Keine noch so spektakuläre Illusion hat die Zauberwelt so sehr beschäftigt, wie der „Indische Seiltrick“. Eigentlich wurde er den indischen Fakiren zugeschrieben. Erstmals hat sich der britische Amateurzauberer Peter Lamont intensiv mit dem Phänomen des Seiltricks in seinem Buch „The Rise of the Indian Rope Trick“ aus dem Jahr 2004 beschäftigt. In vielen weiteren Büchern und Artikeln finden wir Informationen über diesen Mythos, denn gesehen hat ihn vermutlich nie jemand. Peter Lamont fand heraus, dass die Geschichte im Jahr 1890 vermutlich mit einem Artikel in der „Chicago Tribune“ ihren Lauf nahm; erschienen am 8. August 1890. Angeblich wurden zwei Absolventen der Yale-Universität Zeuge der Vorführung. Später musste man einräumen, dass es sich um eine Fiktion gehandelt hatte. Dieses Kunststück hat aber viele namhafte Zauberkünstler inspiriert, eigene Versionen auf die Bühne zu bringen.

Josef Dunninger's East Indian Rope Trick, Magazin Seven Circles

Josef Dunninger’s East Indian Rope Trick, Magazin Seven Circles

Abu Abdallah Muhammad Ibn Battuta (1304-1369), ein berberischer Rechtsgelehrter, bereiste Mekka und die gesamte islamische Welt. In einem seiner Reiseberichte von 1348 beschrieb er die Vorführung eines Seiltricks im Palast von Amir Kurtai in China. Er schmückte seinen Bericht mit blutigen Details aus. Ein Junge sei an einem Seil nach oben geklettert und plötzlich verschwunden. Sein Meister hat in immer wieder gerufen, aber ohne Erfolg. Daraufhin kletterte auch er nach oben und verschwand. Nach und nach fielen blutige Körperteile des Jungen nach unten, etwas später stieg der Zauberer nach unten, legte alle Teile in einen Korb und der Junge wurde wieder zum Leben erweckt.

Edward Melton, ein englisch-niederländischer Reisender, beschrieb den Auftritt einer chinesischen Gauklertruppe um 1670. Ein Jongleur ergriff das Ende eines Schnurknäuels, hielt es in der Hand und warf es in die Luft, wo es verschwand. Der Artist kletterte an der Schnur nach oben, bis er verschwand. Körperteile fielen herunter, wurden in einen Korb gelegt und nachdem der Korb umgedreht wurde, war der Mann wieder zum Leben erweckt worden. In einem Buch aus dem Jahr 1586 beschreibt Johann Weyer (1515-1588), dass in Magdeburg ein Zauberer ein Seil in die Luft geworfen hat und an ihm nacheinander ein Pferd, der Zauberer, seine Frau und seine Magd nach oben geklettert sind und verschwanden.

Anhand solcher Berichte darf man heute diese Art der Berichte ins Land der Legenden verweisen. Charles Bertram berichtete 1911, wie er durch Indien gereist ist und dort mit vielen Zauberern gesprochen hat. Keiner der Befragten erhob den Anspruch, diesen Trick vorführen zu können, und niemand hatte eine solche Vorführung jemals gesehen. Auch Nevil Maskelyne, Horace Goldin und Carl Hertz machten sich auf die Suche nach Augenzeugen des Seiltricks, sie fanden niemanden. Im Jahr 1934 lobte der „Britisch Magic Circle“ einen Preis von 500 Pfund für denjenigen aus, der das Kunststück in der klassischen Form vorführen konnte. Gemeldet hat sich niemand. Die großen Zauberer der damaligen Zeit brachten den „Indischen Seiltrick“ auf die Bühne, nutzten aber Vorhänge, Spiegel und Drähte, um die passende Wirkung zu erzielen. Auch in Spielfilmen wie „der Dieb von Bagdad“ aus dem Jahr 1924 und „Truxa“ aus dem Jahr 1937 wurde das Kunststück thematisiert. Im April 1937 zeigte der Kölner Künstler Hellmut Tönnes eine Variante im Berliner Wintergarten. Er zeigte ein biegsames Tau vor, an dem dann ein kleines Mädchen hochkletterte und wieder herunterkam.

Quellen:
https://skepdic.com/indianrope.html
https://en.wikipedia.org/wiki/Indian_rope_trick
Magazin „Seven Circles“, Josef Dunningers East Indian Rope Trick, 2. Jahrgang, Heft Nr. 3 aus 1931, Seite 19

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